Medienpädagogisches Projekt: Life is Strange

Handlungsorientierte Medienpädagogik


Nach Bernd Schorb (2008) basiert die handlungsorientierte Medienpädagogik auf der kritischen Medientheorie, die den Rezipienten nicht nur als einen von den Medien passiv beeinflussten, sondern als einen aktiven Nutzer der Medien betrachtet (vgl. ebd. 77). Sie fußt ebenso auf dem Konzept der integralen Medienpädagogik, die unter der Verbindung von theoretischem und empirischem Wissen vor allem zusammengesetzt ist aus den zentralen Fragen der Medienwissenschaft und Pädagogik: „Wie eignen sich die gesellschaftlichen Subjekte die Medien an? […] Wie können die Subjekte zu emanzipatorischem Handeln geleitet werden?“ (ebd., 75). Die entstehenden medienpädagogischen Projekte sind handlungsorientiert, da sie auf Fragestellungen aus dem Medienalltag der Individuen gründen. So verbindet die handlungsorientierte Medienpädagogik das Subjekt mit den Medien und der Gesellschaft. Die allgemeine Zielsetzung dieses Konzeptes stellt die Vermittlung von Medienkompetenz dar.
Zur Veranschaulichung dieses Begriffes, entwickelt Schorb ein Modell, das die Fähigkeit von Medienwissen, -bewerten und –handeln vereint.



Das Medienwissen bezieht sich auf die Fähigkeit, Wissen über die instrumentellen Funktionen und technischen Vorgaben der Medien zu besitzen, sowie die globalen und lokalen Strukturen ihrer Vernetzungen zu erfassen.
Das Medienbewerten bezeichnet die Fähigkeit, die Medien kritisch und reflexiv zu bewerten und sich der Auswirkungen bewusst zu sein, die das Bedienen dieser mit sich führt.
Das Medienwissen und –bewerten vereint das Orientierungswissen, was dem Subjekt „die Möglichkeit [gibt,] eine eigene Position gegenüber den allgegenwärtigen Medien zu entwickeln [, die] […] auf Handlungsziele gerichtet [ist] und […] getragen [wird] von Wissen und Zusammenhänge[n]“ (ebd., 80).
Das Medienhandeln befähigt die Individuen, sich die Medien unbewusst oder bewusst anzueignen, sie aktiv zu gestalten und sie lustvoll und spielerisch zu nutzen. Das Handeln ist ebenfalls kollektiver Natur, die es dem Subjekt durch den Austausch mit anderen Menschen ermöglicht, „an der medial gestalteten gesellschaftlichen Informations- und Kommunikationswelt zu partizipieren“ (ebd.).
Eine Methode der handlungsorientierten Medienpädagogik ist die aktive Medienarbeit. „Sie bedeutet die Be- und Erarbeitung von Gegenstandsbereichen sozialer Realität mit Hilfe von Medien“ (Schell 2005, 9). Sie zielt auf die Vermittlung einer authentischen Erfahrung, also auf das Erkennen, Hinterfragen, Beurteilen und Definieren eigener gesellschaftlicher Bedingungen, Normen und Werte (Mündigkeit), sowie die Befreiung „von Abhängigkeiten, die auf Gewaltverhältnissen beruhen“ (ebd., 11) (Emanzipation). Voraussetzung dieser authentischen Erfahrung ist die zuvor erläuterte kommunikative Kompetenz bzw. Medienkompetenz.
Schell definiert drei grundlegende Lernprinzipien aktiver Medienarbeit: das handelnde Lernen, das exemplarische Lernen und die Gruppenarbeit.
Das handelnde Lernen umfasst das selbstständige und eigenverantwortliche Lösen bzw. Bewältigen von Problemen aus der Nahwelt und die Reflexion dieser.
Das exemplarische Lernen führt die „vorwissenschaftlichen Bewusstseinselemente der Adressaten und die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse“ (ebd., 13) zusammen. Damit sollen sich die Rezipienten ihrer eigenen Gesellschaftlichkeit bewusst werden und eine soziologische Denkweise ausbilden, „die eine selbstständige Aneignung und Verarbeitung von Informationen ermöglicht“ (ebd.).
Die Gruppenarbeit ermöglicht, durch die Interaktion und das aktive, zielgerichtete, sowie reflexive Lösen interner Probleme, das Erfahren von neuem Wissen und neuer Einsichten.
Diese drei Lernprinzipien sind eng miteinander verbunden und können aus diesem Grund je nach Projekt miteinander ergänzt werden.
Die Medien nehmen dann nur eine sogenannte Mittlerfunktion ein. Sie können als ein Mittel ...
... der Reflexion von Einstellungen, Verhaltens- und Handlungsweisen,
... der Exploration, d.h. dem Sammeln neuer Erfahrungen,
... der Artikulation eigener Sichtweisen und Interessen,
... zum örtlich und zeitlich gebundenen Erfahrungsaustausch und zur Organisation gemeinsamer Aktivitäten,
... der Analyse und Kritik massenmedialer Produkte dienen (vgl. ebd., 14f.).
Betrachtet man nun wieder das Spiel Life is Strange, wird deutlich, dass dieses nicht nur die Reflexion der Auswirkungen der eigenen Handlungen und Einstellungen anregt, sondern auch das Sammeln neuer Erfahrungen unterstützt. Bei der Übertragung dieser neuen Erkenntnisse in das reale Leben, kann es den Rezipienten in ähnlichen Situationen leichter fallen, alle Gegebenheiten zu erfassen und auf deren Grundlage zu handeln.
Damit solche Lernprozesse ermöglicht werden, muss jedoch auch der Pädagoge einige Voraussetzungen gewährleisten. Seine Aufgabe ist es, den Rezipienten eine „gesellschaftliche Handlungs- und Gestaltungskompetenz“ (Schorb 2008, 83) zuzugestehen und die Umsetzung des Projektes nach den „alltagspraktischen Verarbeitungs- und Handlungsorientierungen der Adressaten“ (ebd.) zu richten. Weiterhin sollen die Rezipienten während des Projektes größtenteils selbstständig und eigenverantwortlich handeln, wodurch der Pädagoge nur eine Unterstützerrolle einnehmen darf. Die letzte Voraussetzung ist, dass die Individuen sich vor allem inhaltlich mit dem Medium auseinander setzen sollen. Der Pädagoge muss darauf achten, dass er sein Projekt nicht nur auf „die Vermittlung technischer und gestalterischer Kompetenzen beschränkt“ (ebd., 84).
In dem folgenden Abschnitt meiner Arbeit möchte ich nun auf Basis dieses Wissens ein Konzept aktiver Medienarbeit ausarbeiten, dass die Zielgruppe anregt, sich mit dem vorgestellten Thema Mobbing auseinanderzusetzen.

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